Lienhard. Frauenkunst. Kalender.Ostschweiz

Kunstkalender 2012Ute Klein

Ute Klein, * 1965, lebt und wirkt in Amriswil, Text: Christoph Vögele, ** Fotos: Peter Heider, Lithografie und Gestaltung: Adrian Gabathuler und Deborah Schaller

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Ute Klein, *1965, Amriswil

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Vom Erleben und Vergessen der Zeit

Zu Ute Kleins Flüssen

Die für diesen Kalender ausgesuchten zwölf Werke heissen Fluss. In der Visualisierung von Verlaufsformen flüssiger Farbe sind diese ab 2007 entstandenen Arbeiten auf Papier ideale Kalenderblätter. Denn Ute Kleins Flüsse verdeutlichen in ihrem leicht nachvollziehbaren Arbeitsprozess den Zeitraum ihrer Entstehung. Das Fliessen der Farbe entspricht dem Fliessen der Zeit.

Zum Ort des Ereignisses wird das Geviert eines weissen Blattes, auf dem sich die hingeschüttete Farbe in Flecken ausbreitet, in Rinnsalen verläuft. Durch das sukzessive Überdecken mehrerer Farbkippungen und unterschiedlicher Farben verbindet sich der suggerierte Zeitraum der Entstehung mit der Vorstellung eines illusionistischen Raums. Das Blatt wird zum Ausschnitt einer unendlichen zeitlichen wie räumlichen Ausdehnung. Das damit verbundene Vorher und Nachher gleicht der Zeitrechnung, der Kalender dienen. Bei den Monatsblättern unseres Kalenders unterstreicht die grafische Gestaltung des Kalendariums den Zeitablauf als Zeitstrahl. Statt des üblichen vierzeiligen Zahlenblocks wird der Monat als Linie von Punkten und gelegentlichen Zahlen dargestellt.

Letztlich ist es aber nicht der Zeitfluss, sondern das in einem bestimmten Zeitraum, einer beschränkten Mal- oder Spielfläche sich zeigende Ereignis, das unser Interesse weckt. Der Strahl des Kalendariums, der die Länge des Blattes durchmisst, gleicht dem Schlagen eines Metronoms, die Farbkippungen aber sind die Musik, die sich in unterschiedlichen Tempi, in Soli, Duos, zuweilen auch als vieltönig komplexe Symphonie ereignet.

Was bei Ute Kleins Flüssen passiert, wirkt so unmittelbar, dass nicht das beschriebene Vorher und Nachher von Arbeitsprozess und Zeitfluss, sondern stete Gegenwart erlebt wird. Mit dem Begriff «Flow» bezeichnet die Psychologie jene besonderen Zeitphasen, in denen wir ganz bei uns sind und – wie spielende Kinder – die Zeit vergessen. Das Erleben eines «Flows» ist zumeist mit einer konzentrierten und erfüllenden Tätigkeit verbunden. Und vieles spricht dafür, dass Ute Klein beim Schaffen ihrer Flüsse den besagten «Flow» selbst erlebt hat – und dass wir diesen beim Betrachten des Kalenders, beim nachvollziehenden Neuschaffen der Flüsse ebenfalls erfahren können.

Es ist die ausgesprochene Sinnlichkeit von Ute Kleins Flüssen, die eine solche Teilhabe ermöglicht. Die Flecken und Rinnsale heben sich als materielle Realität, als Substanz vom Grund ihres Trägers ab. Daher wirkt das Gezeigte nie als Darstellung oder Komposition im herkömmlichen Sinne, sondern als etwas Unmittelbares und Vertrautes, darin aber auch als etwas Prinzipielles. Wir sehen, wie Kräfte aufeinander stossen, wie Flüsse sich durchkreuzen oder eine Weile nebeneinander fliessen. Solch physikalisch bedingte Erscheinungen kann die Künstlerin teilweise durch den bewussten Einsatz spezifischer Farben und Zusätze beeinflussen, oft aber geht die Farbe «ihre eigenen Wege». Der Zufall, der das Leben und seinen Lauf bestimmt, prägt auch Kleins Flüsse und trägt zu ihrer lebendigen Wirkung bei.

Beim Betrachten der Flüsse können sowohl natürliche Phänomene wie existentielle Prinzipien assoziiert werden. Dass die Werkgruppe in ganz unterschiedlichen Grössen überzeugt, etwa auch als riesige Wandmalereien wie bei einer kürzlichen Ausstellung in Vaduz, verdeutlicht den metaphorischen Charakter der Flüsse, denen wir in allen Formen und Grössen folgen können – solange wir uns auf sie einlassen, um bei solch lustvollem Treiben (und Zeit Vertreiben) die Zeit zu vergessen.

Christoph Vögele

FLOWS im Fluss des Lebens wünscht Ihnen die Familie Lienhard für das Jahr 2012.

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