Lienhard. Editionen. Kalender. Kunst.Ostschweiz
Kunstkalender 2001Liz Gehrer
Blickfänge – Eye catchers
Zu diesem Kalender
Jahre rinnen oft, so merken wir alle, gleichsam vorbei. Allein besondere Vorkommnisse, Ausschnitte sozusagen, bleiben uns haften, überdauern den Lauf der Tage und Jahre. Ähnlich geht es uns mit unserer Arbeit und unserer Umgebung. Nicht das Alltägliche, der «courant normal», erscheint uns merkwürdig, sondern das Aussergewöhnliche. Dass sich häufig das Ausserordentliche im Ordentlichen verbirgt, entgeht uns oft.
Diesem Kalender liegt eine Gegenstrategie zugrunde: Ich löse aus sieben von mir zu den Zyklen «Kräfte» und «Menschen» geschaffenen Skulpturen je einen Einzelteil fotografisch heraus, vergrössere sie und mache sie gleichsam zu eigenständigen Werken. Dadurch ergeben sich, wie der Vergleich mit den (auf der Rückseite abgebildeten) «ganzen» Werken zeigt, andere Eindrücke und Wahrnehmungen: Die Einzelheit wird zum Blickfang für das Ganze.
Zu meinen Werken
Seit Jahren schaffe ich Skulpturen und Objekte aus Altkarton, Papier, Eisen und Zement. Lange erblickte ich dabei namentlich im Karton, einem typischen Verpackungsmaterial, eine faszinierende Möglichkeit, Fragestellungen, Material und Verarbeitungstechnik in besonderer Weise zu verknüpfen. Trotz oder gerade wegen seiner (bei der Verarbeitung erreichten) Härtung erlaubt der Karton, Prozesse und Strukturen auch noch im Nachhinein, am fertigen Objekt, aufzuzeigen. Furchen, Risse, Ein-Drücke bleiben erkennbar und sagen schon körperlich aus, was mich thematisch besonders beschäftigt(e): die Verletzlichkeit der Menschen und ihrer Beziehungen.
Im Rahmen meiner Arbeiten machten sich immer wieder physikalische Kräfte und Spannungen bemerkbar. Ich begann, sie näher zu erkunden, wechselte hierfür teilweise auch die Ausdrucksform zu freieren Objekten. So stiess ich auf ein transparentes Papier und fing an, damit zu experimentieren. Aus diesem Papier schaffe ich durch Nässen, Kleben, Verdichten, Formen und Zugabe von Baustoffen eine Art Haut. Bei deren Aushärtung und Trocknung werden Energien freigesetzt, welche mich durch ihr Ausmass immer wieder aufs Neue überraschen: Die Zugkräfte der ausgehärteten Objekte zwingen selbst Eisenstäbe zum Nachgeben! Mehr noch: Sie wirken sich zu einem Teil direkt auf das Werk aus und werden damit selber «form schaffend».
Aus meinen bisherigen Experimenten leite ich ab, dass die freigesetzte «form schaffende» Energie von unterschiedlichsten / Momenten beeinflusst wird: beispielsweise von der Anzahl der Papier- und Farbschichten, den applizierten Materialien, der Art ihrer Verbindung, den Ausmassen des Objektes und der konkret angestrebten Formgebung. Beobachtungen zeigen auch, dass sich die Skulpturen und Objekte je nach Standort und Luftfeuchtigkeit verändern und sich der Prozess der Formgebung über Monate und Jahre hinziehen kann.
St. Gallen, Ende 2000 Liz Gehrer
Liz Gehrer lebt und arbeitet in St. Gallen (Schweiz) und Montepulciono (Italien). Zahlreiche Einzel und Gruppenausstellungen im In- und Ausland. Werke im privaten und öffentlichen Raum.
Die Lista AG und ich wünschen Ihnen im Jahr 2001 manchen Blickfang und jeden Tag einen «Sondertag» statt den «Alltag».
Liz GehrersSchaffen
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